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Universal-Lexikon

Ines Balcik
12.09.2022

20 Bände mit Stichwörtern von A bis Z

Ein Konversationslexikon wünschte ich mir seinerzeit, in einem anderen Jahrtausend, zur Hochzeit. Ein Geschenk für die Ewigkeit, so dachte ich ganz naiv – das Internet war noch unbekannte Zukunftsmusik. In meiner Kindheit und Jugend war das Blättern im Lexikon meiner Eltern eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, bei denen das Lesen einen zentralen Platz einnahm. Später, im Studium der französischen Literaturwissenschaft, lernte ich den Positivismus kennen, der die Wissens- und Wissenschaftsgläubigkeit des 19. Jahrhunderts, zumindest im eurozentrischen Teil der Welt, so schön auf den Punkt bringt. „Die Wissenschaft führt zur Voraussicht; die Voraussicht führt zum Handeln“, philosophierte Auguste Comte (1798–1857), der den Positivismus entscheidend prägte.

 Sammelwut seit Jahrhunderten

Das Bemühen, universales Wissen in Büchern zu sammeln, ist deutlich älter. Das Grosse vollständige Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste zum Beispiel erschien schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit unglaublichen 284.000 Einträgen in 64 Bänden auf 63.000 Buchseiten als damals umfangreichste europäische Enzyklopädie. Lexika in lateinischer Sprache gab es sogar noch früher. Im frühen 18. Jahrhundert entstanden die ersten Wissenssammlungen in deutscher Sprache. Ihr Vorteil: Sie erreichten ein größeres Publikum.

Vom Hinweis über den Verweis bis zum Link

Interessant ist, wie sehr all diese umfangreichen Werke von Anfang an auf eine Verweisstruktur setzten: Die Links der Bücherwelt verweisen auf ein anderes Stichwort, danach musste geblättert oder sogar ein anderer Band konsultiert werden. In digitalen Zeiten ist das Springen auf das, worauf verwiesen wird, natürlich einfacher: ein Klick auf den Link, und schon geht das Lesen weiter.

Lexikon des Internets

Beispielsweise in der Wikipedia, der frei zugänglichen und ehrenamtlich gepflegten Internet-Enzyklopädie. Gegründet wurde sie vor 21 Jahren und versammelt unfassbar viel Wissen. Das Grundproblem, vor dem schon die Verfasser der ersten Lexika standen, ist geblieben: Welches Stichwort wird überhaupt aufgenommen, welche Fakten sind relevant? Was ist überhaupt ein Fakt? Die menschlichen Versuche, Ordnung ins menschliche Chaos zu bringen, bleiben spannend.

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