Hauptsache digital
Frankfurt bleibt, der Skyline zum Trotz, mit noch nicht einmal einer Million Einwohnern im Grunde ein Dorf, so spotten viele. Frankfurt verdient einen Preis als die deutsche Beinahe-Hauptstadt, notieren historisch Bewanderte. Die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche in den Jahren 1848/1849 legte zwar den Grundstein für einen deutschen Nationalstaat, aber zur Hauptstadt des Deutschen Reichs wurde später Berlin. Hundert Jahre später, also 1948/1949, unterlag Frankfurt bei der Wahl zur Hauptstadt der Bundesrepublik nur knapp der Stadt Bonn. Als kleiner Trost bleibt den Frankfurter*innen, dass das Finanz- und Wirtschaftszentrum Frankfurt immer mal wieder als "heimliche Hauptstadt" gehandelt wird, z. B. in diesem Blog.
Aber digitale Hauptstadt? In so manchen Frankfurter Wohnungen wird man sich fragen, ob diese Bezeichnung stimmen kann. Schnelles Internet, Glasfaser, optimale Geschwindigkeiten sind längst nicht überall im Stadtgebiet selbstverständlich. Alles, was man braucht, um zur digitalen Hauptstadt zu werden, ist – neben gewissen technischen Grundvoraussetzungen natürlich! – die passende Studie. Bei der dann prompt Frankfurt als digitale Hauptstadt nicht nur Deutschlands, sondern gleich der ganzen Welt vorne liegt. Aus Sicht des Internetknoten-Betreibers DE-CIX auch völlig plausibel, denn tatsächlich ist Frankfurt ein wichtiger internationaler Netzknotenpunkt.
Knotenpunkte und Rechenzentren
Die Studie bewertet vor allem die technische Infrastruktur, in der Frankfurt die Nase vorne hat. Der Frankfurter Internetknoten DE-CIX ist weltweit der größte seiner Art. Vor Jahren hatte ich die Gelegenheit, mit Kolleginnen eins der großen Frankfurter Rechenzentren zu besuchen. Ein komisches Gefühl, wenn die virtuelle Internetwelt sich dort für den Laien plötzlich in einer riesigen Menge von miteinander verbundenen Metallboxen manifestiert. Stellen Sie sich DE-CIX als zentralen Verkehrsknotenpunkt vor, an dem sich die digitalen Datenströme aller großen Netzwerkanbieter treffen und austauschen. Von Frankfurt aus werden Nachrichten, Videos und Daten in die ganze Welt verteilt. Die geballte Leistung an Rechenzentren, Servern und Netzwerken lässt Frankfurt tatsächlich zu einem Herzstück effizienter digitaler Kommunikation werden.
Was bedeutet das aus Nutzersicht?
Hand aufs Herz: Was bringt mir als normale Nutzerin so hohe Platzierung in einem Infrastruktur-Ranking? Das Wunschziel ist einfach: Alltägliche Qualität und Verlässlichkeit der Internetverbindung. Im Idealfall sähe das dann so aus:
Schnelle Verbindungen sorgen dafür, dass Videocalls stabil bleiben, Streaming ruckelfrei läuft und Gaming ohne Lags auskommt. Die kurze Entfernung zu den Servern und dem Internetknoten sorgt hoffentlich für blitzschnelle Reaktionszeiten.
Die Vielzahl an Rechenzentren und Netzwerken bietet eine hohe Ausfallsicherheit und sorgt für zuverlässige Verbindungen. Fällt ein System aus, gibt es Dutzende andere, die einspringen können. Daten sollten in dieser redundanten Infrastruktur sicher aufgehoben sein.
Die dichte digitale Infrastruktur zieht Tech-Unternehmen, Start-ups und innovative Köpfe an. Das digitale Ökosystem in und um Frankfurt kann zum Nährboden für innovative Dienstleistungen werden, die unser Leben leichter machen können – von smarter Mobilität bis zu neuen Finanztechnologien.
Mehr als schnelle Datenautobahnen
Hoffen wir, dass Frankfurts Titel mehr als eine hohle Auszeichnung ist. Eine echte digitale Hauptstadt beschränkt sich nicht darauf, ein Ort der schnellsten Verbindungen zu sein. Zur digitalen Hauptstadt wird eine Stadt, die diese Technologie nutzt, um das Leben der Menschen zu verbessern. Lasst uns gemeinsam dazu beitragen, dass der öffentliche Nahverkehr smarter wird, Behördengänge effizienter werden, Umweltaspekte immer mitgedacht werden, die Teilhabe aller Menschen gewährleistet wird und wir in einer vernetzten Welt am Puls der Zeit bleiben können. Die Studie liefert ein Fundament. Jetzt liegt es an uns allen – Unternehmen, Politik und Bürger*innen –, die digitale Zukunft der Stadt gemeinsam zu gestalten.